Wo liegt die Zukunft im Vending?
Volles Haus beim Operator-Treffen am 3. November in Frankfurt am Main. Mehr als 50 Automatendienstleister folgten der Einladung des BDV ins Nestlé Professional Service-Center. Auf dem Programm standen spannende Vorträge zur Entwicklung im Vending, eine Kaffeeröstung, ein Live-Tasting der eurekantine und natürlich der praktische Austausch unter den Teilnehmern.
Die Veranstaltung eröffneten BDV-Geschäftsführer Dr. Aris Kaschefi und Danny Falck von Gastgeber Nestlé Professional. Als Intro auf die Kaffeeröstung gab Falck einige Einblicke in die Zukunft der Betriebskaffeeküche.
Die Kaffeeküche ist das moderne Lagerfeuer der Arbeitswelt
In Zeiten von Homeoffice. mobilen Arbeiten und gelegentlichen Aufenthalten im Büro erfährt die Kaffeeküche eine neue Bedeutung. Sie wird Begegnungsstätte für Mitarbeiter und soll den kreativen Austausch und das gemeinsame Miteinander fördern. Dazu bedarf es einer ansprechenden Atmosphäre genauso wie einer guten Produktqualität.
Hierfür hat Nestlé Professional das neue Rostalier-Konzept entwickelt, das Falck den Teilnehmern vorstellte. Highlight ist die integrierte Live-Röstung der Kaffeebohne für den Konsumenten:
- Aktuell testet Nestlé Professional das System 20 Bäckerei-Filialen.
- Die Mitarbeiter der Bäckerei rösten vollkommen automatisiert. Dafür benötigt es nur drei Klicks, ganz ohne Barista-Ausbildung.
- Kunden können den Röstvorgang verfolgen und den Duft frischer Kaffeearomen genießen: Das führt an den Aufstellplätzen aktuell zu Absatzsteigerung von rund 40 %.
Natürlich durften sich alle Teilnehmer bei einer Live-Röstung und dem anschließenden Kaffee-Tasting selbst überzeugen.
Chancen und Herausforderungen in der Betriebsgastronomie
Burkart Schmid (Herausgeber gvpraxis) informierte die Automatendienstleister anschließend über aktuelle Entwicklungen in der Betriebsgastronomie. Mit einem jährlichen Umsatz von fünf Milliarden Euro ist diese ein hart umkämpfter Markt und steht vor großen Herausforderungen.
Insbesondere die starke Nutzung des Homeoffices wirft die Branche aktuell um 10 Jahre zurück. Im Durchschnitt verbringen Mitarbeiter nur noch zwei Tage in der Woche im Büro und damit in der Kantine. Betriebsgastronomen suchen hier nach Lösungen, um diese neue Situation rentabel zu gestalten. Hier geht es speziell um die Themen Digitalisierung und Automatisierung.
Unternehmen achten aktuell mehr denn je auf die Qualität:
- In 90 % der Kantinen gibt es vegetarische Produkte – in über 40 % der Kantinen auch ein veganes Angebot.
- 67 % der Speisen in der Betriebsgastronomie kommen bereits von regionalen Produzenten, ein Trend, der in Zukunft weiter zunehmen wird.
- Die Sensibilität in Bezug auf Foodwaste ist hoch: Die Hälfte der Kantinen und Mensen haben das Menüangebot verkleinert, auch um Kosten zu sparen.
Kunden bleiben aber preissensibel: Mehr als fünf Euro für einen vollwertigen Hauptgang empfinden sie als teuer.
Foodtasting mit eurekantine
eurekantine ist ein Pionier der modernen Betriebsgastronomie: Das Unternehmen bietet frische, nachhaltige und automatisierte Lösungen in Zusammenarbeit mit einem Caterer an. Jan Dinter von eurekantine berichtete den Teilnehmern aus seinen Erfahrungen. Das Blatt für die Vendingbranche habe sich gewendet. Die Möglichkeiten in der Betriebsgastronomie seien derzeit zu groß wie nie. Es gelte jetzt, mit Systemen zu überzeugen und das Kundenbedürfnis zu erfüllen:
- Smart Vending liefert Antworten, um in Kantinen Überkapazitäten abzubauen, Personalengpässe zu lösen und IT-basiert Versorgungslösungen zu implementieren.
- Diese Lösungen bieten ein Höchstmaß an Convenience, welches vom Aufstellort bzw. Arbeitgeber honoriert werden muss, durch Subventionszahlungen und Servicepauschalen.
- Kundenwünsche werden individueller und Bezahlsysteme vielfältiger. Innovative Zahlungsmöglichkeiten sind mittlerweile genauso wichtig wie etablierte Bargeldsysteme. Sie sind für einen erfolgreichen Automatenbetrieb von hoher Bedeutung.
Wie die operative Exzellenz der Vendingbranche mit Partnerschaften zu Gastronomen befruchtet werden kann, zeigt sein Unternehmen. Und wie Automatendienstleister mit Frische überzeugen können, zeigte er mit seinem Team im anschließenden Food-Tasting.
Smart Vendinglösungen
Im Anschluss wurde es technisch: Peter Polak (S&Z Elektronik) und Alexander Eissing (Livello) zeigten den Teilnehmern, was Smart Vending mithilfe von KI leisten kann. Zunächst kümmerte sich Peter Polak um die Frage: Was ist Smart Vending überhaupt?
Die Digitale Akzeptanz entwickelt sich rasant weiter. Für Operator gilt es, intelligente Lösungen passend zu vernetzen, um Abläufe zu optimieren. Besonders wichtig: Automatismen, um bei frischen Lebensmitteln das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) im Blick zu haben und rechtzeitig einen Verkaufsstopp zu initialisieren. Hier punktet Smart Vending:
- Vendinggeräte erhalten eine künstliche Intelligenz.
- Das vereinfacht Organisation und Wartung.
- Die digitale Verbindung ermöglicht einen ständigen Überblick über Lagerbestände, Produktverfügbarkeit und Wartungsbedarf.
- Zudem erleichtert sie die Erfassung von Kundenverhalten und Produktpräferenzen zur Optimierung von Verkaufsstrategien.
Wichtig ist laut Peter Polak: Ausprobieren und testen – denn smart ist, die neuen Lösungen zu nutzen.
Wie das erfolgreich gelingt, zeigte Alex Eissing am Beispiel der intelligenten Livello-Kühlschränke. Hier hilft die KI, Kundenwünsche optimal zu erfüllen. Der Livello Smart-Kiosk ist eine innovative Vending-Lösung für den autonomen Verkauf von Lebensmitteln:
- Kunden erwerben Produkte kontaktlos über Zahlung per App oder NFC-Karten.
- Eine Sensortechnologie erfasst und aktualisiert automatisch die Produktauswahl und den Bestand.
- Dabei werden betriebliche Lösungen immer „ganzheitlicher“ und umfassen ebenfalls die Logistik einer ganzen Kaffeebar inklusive des Tassen- und Geschirrmanagements.
Eissing sieht einen klaren Trend in der Verschmelzung von Lebensmitteleinzelhandel (LEH), Gastronomie und Catering zu einem großen “Unattendend Retail-Bereich” mit Vendinglösungen.
Category Management als Erfolgsfaktor
Entscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg ist das richtige Category Management am Automaten. Was das bedeutet, erklärten Marcus Kraus (Ferrero) und Christoph Grube (Mars) in ihrem Vortrag. Um Kundenwünsche optimal zu erfüllen, sei es wichtig, auch die kleinste Verkaufsfläche optimal zu nutzen.
Ferrero und Mars kooperieren hier bereits mit mehreren Herstellerfirmen als Partner der Automatenbetreiber. Kernaussage: Wir verdienen Geld, in dem wir dem Käufer helfen, Kaufentscheidungen zu treffen. Dabei stehen Zahlen, Daten und Fakten im Mittelpunkt und dienen als Basis für die Produktzusammensetzung im Automaten. Das Ziel ist immer die Kundenbindung steigern und mehr verkaufen.
Marcus Kraus stellte die aktuelle Shopperbefragung für Vending von Ferrero vor:
- Vor allem an Bushaltestellen und in Parkhäusern werden mehr Automaten gewünscht.
- Der Automat wird vor allem zu Zwischenverpflegungszeiten genutzt.
- Der Grund den Automaten zu nutzen ist „Lust auf etwas Süßes“.
- Auch das Teilen des Snacks ist sehr beliebt bei der Produktauswahl.
- Mit 37 % ist der Riegel das entscheidende Verkaufsprodukt.
- Drei Viertel der Befragten legen viel Wert auf Marken im Automaten.
- Vor der Pandemie war nur 21 % das kontaktlose Bezahlen wichtig. Nach der Pandemie ist es 75 % der Kunden wichtig.
Was ist bei der Platz- und Produktentscheidung im Automaten zu beachten?
Der Standort entscheidet über:
- Platzanteil: Welche Warengruppen müssen berücksichtigt werden?
- Sortiment: Befüllen nach dem Topseller-Ansatz: Marke wird gekauft; gesuchte Artikel wie Wasser unten platzieren.
- Kaufentscheidung für Automaten dauert 5–10 Sekunden und nur ein Drittel der Produkte wird wahrgenommen.
- Digitale Screens ziehen +23 % mehr Shopper an als traditionelle Automaten und die Kaufrate erhöht sich um bis zu 12 %.
- Durch eine auf das Category Management abgestimmte Sortimentsaufteilung wird mindestens 5 % Absatzsteigerung erreicht.
Fazit: Automatendienstleister sollten sich nicht auf Füllfahrer verlassen, sondern Telemetrie nutzen und einheiltiche Strukturen in der Sortimentsgestaltung schaffen.
Was wünschen sich Gemeinschaftsgastronomen
Fortgesetzt wurde an diesem Freitag auch der Austausch zwischen Vendingbetreibern und Gemeinschaftsverpflegern. Hierzu hatte BDV-Kooperationspartner Michael Möhring (Erfa FoodService) einige seiner Mitglieder nach Frankfurt mitgebracht.
Die Wünsche umfassen:
- die Überwindung von Hygienebedenken
- den Glauben an die Produktqualität im Automaten: Hier besteht der Wunsch, „eigene” Gerichte des Caterers mit entsprechendem Label anzubieten.
- die Schaffung von optischer Transparenz – was bekommt der Konsument angeboten
Es besteht aktuell eine große Nachfrage nach Eisautomaten in Freizeiteinrichtungen und Museen. Die Idee der Einrichtungen besteht darin, die Automaten in den nächsten fünf Jahren neu zu definieren und neu zu positionieren.
Im gastronomischen Kontext sind nachhaltige Lösungen, einschließlich vegetarischer und veganer Produkte, von Bedeutung. Die Automaten müssen stärker „Elemente zusammenzuführen“ und den Raum zum Verweilen einplanen.
Insgesamt liegt der Schwerpunkt auf Getränken, Süßwaren und Eisautomaten als lukratives Zusatzgeschäft, insbesondere in Stoßzeiten mit begrenzter Bewirtungskapazität.
BDV-Mitglieder können die Präsentationen der Referenten über die Geschäftsstelle erhalten. Der BDV dankt an dieser Stelle allen Referenten für ihre wertvollen Beiträge und unserem Gastgeber Nestlé Professional für die top Organisation dieses Events. Wir freuen uns auch über die vielen positiven Stimmen der Teilnehmer. Sicherlich wird es in Zukunft weitere dieser Formate im BDV-Angebot für Mitglieder geben. Auch den Praxisaustausch mit Gemeinschaftsgastronomen und Caterern intensiviert der BDV weiterhin.