Der hessische Landtag hat im Eiltempo für den Sonntagsverkauf in vollautomatisierten Mini-Märkten das Ladenöffnungsgesetz liberalisiert. Läden dürfen demnach immer offen sein, wenn sie ohne Personal auskommen, nicht größer als 120 Quadratmeter sind und lediglich Waren des täglichen Bedarfs anbieten.
Damit können in Hessen digitale Kleinstsupermärkte wieder in Betrieb genommen werden – ein Sieg für Vending und Einzelhandel, aber auch für Verbraucherinnen und Verbraucher.
Hintergrund
Die Hessische Landesregierung hat einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der die Sonntagsöffnung für digitale Kleinstsupermärkte vorsieht. Am 26.06.24 fand hierzu eine Anhörung vor dem Ausschuss für Arbeit und Soziales des Hessischen Landtags statt. Der BDV war – auch als Resultat einer gezielten, frühzeitigen und proaktiven Kontaktaufnahme mit der hessischen Politik – offiziell geladen und hatte vorab eine Stellungnahme abgegeben.
Der Gesetzentwurf findet auch bundesweit Beachtung als mögliche wegweisende Entscheidung. Umso wichtiger war es, dass der BDV offiziell in den Gesetzgebungsprozess einbezogen wurde und die Interessen der Mitglieder direkt in die politische Rahmensetzung einbringen konnte.
Impuls für die Neuregelung war, wie wir berichtet hatten, ein Urteil des Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel, in dem bestätigt wurde, dass digitalen Märkte am Sonntag schließen müssen. Um eine grundsätzliche Ausnahme für vollkommen digitale Supermärkte zu schaffen, hatte die aktuelle Landesregierung in ihrem Koalitionsvertrag eine Änderung des Ladenöffnungsgesetz vereinbart und im Mai hierzu einen ersten Gesetzentwurf vorgelegt.
Überblick über Positionen und Diskussionsverlauf
In der Anhörung wurde deutlich, dass ein positiver politische Gestaltungswille herrscht, Vorbehalte konnten durch eine konstruktive Diskussion und die Vermittlung von Fakten seitens des BDV und anderer Teilnehmer abgebaut werden. Einem Bündnis aus Politik, Gemeinden und Unternehmen standen vor allen die Kirchen und Gewerkschaften gegenüber, für die der Sonntagsschutz im Mittelpunkt stand.
Mit Blick möglicher technischer Notfälle oder IT-Supportdienstleistungen befürchtete man eine „schleichenden Aushöhlung des Sonn- und Feiertagsschutzes“. Durch eine sachliche Argumentation konnten die Praktiker aus Einzelhandel und Vending deutlich machen, dass der Gesetzesentwurf für diese Thematik bereits Lösungsangebote vorsieht, z. B. dass kein Personal vor Ort zum Einsatz kommt. Die Verfassungsmäßigkeit sah der geladene Rechtsexperte als gegeben an.
Überzeugt hatte die kritischen Akteure der Mehrwert von digitalen Supermärkten und Vendinglösungen für den ländlichen und strukturell schwachen Raum. Es bestand weitreichende Einigkeit darüber, dass dem Rückzug des regulären Einzelhandels etwas entgegengesetzt werden müsse. Vertreter der katholischen Kirche beispielsweise akzeptieren „die Wichtigkeit einer wohnortnahen Versorgung im ländlichen Raum“ als Argument für Sonntagsöffnungen, da Menschen auf dem Land ein berechtigtes Interesse an Einkaufsmöglichkeiten vor Ort hätten.
BDV-Geschäftsführer Dr. Aris Kaschefi hatte mit der von ihm vorgetragenen Stellungnahme noch einmal deutlich gemacht, dass die Branche den hessischen Vorstoß und die damit verbundene Entwicklung eines zeitgemäßen Regelungsrahmens grundsätzlich begrüßt. Er wies darauf hin, dass der Verband sich von der Gesetzesinitiative umfassende Rechtssicherheit verspreche, da die Weiterentwicklung von autonomen Storekonzepten für die BDV-Mitgliedsunternehmen mit erheblichen Investitionen verbunden sei. Zudem geht von der Begriffsbestimmung einer „Verkaufsstelle“ in einem aktuellen Urteil des hessischen Verwaltungsgerichtshofs zu digitalen Kleinstsupermärkten eine Rechtsunsicherheit für Automatenläden aus.
Weitere Diskussionspunkte waren der Umgang mit Genussmitteln wie Alkohol und Tabak und die Frage, ob die Regelung auf Waren des täglichen Bedarfs beschränkt oder regional auf den ländlichen Raum beschränkt werden sollte und ob eine Quadratmeterbeschränkung erforderlich sei.
Wie geht es weiter?
Nach der erfolgreichen Lobbyarbeit in Hessen – die schneller als erwartet in einer Gesetzesänderung mündete – hat der BDV weitere Bundesländer im Blick, in denen sich der Regelungsrahmen sehr unterschiedlich darstellt.
Mehrere Bundesländer prüfen aktuell Änderungen im Ladenöffnungsgesetz. Auch hier monitort der Verband die Diskussion und politische Entwicklungen und ist im Austausch mit den relevanten politischen Entscheidungsträgern und Entscheidungsträgerinnen, um frühzeitig und erfolgreich die Interessen der Mitglieder vertreten zu können.