Zusammenfassung aus der Sitzung des Nachhaltigkeitsausschuss vom 9. April 2025: Zwischenstand zur kommunalen Verpackungssteuer | Erfahrungsaustausch | Mehrwegkonzepte im Vergleich
Mit rund 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmern, darunter viele Operatoren, fand die Sitzung des Nachhaltigkeitsausschusses großen Zuspruch. Im Fokus standen aktuelle Entwicklungen zur kommunalen Verpackungssteuer sowie praxistaugliche Mehrwegkonzepte für die Vendingbranche.
Themenschwerpunkt I: Kommunale Verpackungssteuer
Im ersten Teil der Sitzung stand ein umfassendes Lagebild zur Entwicklung kommunaler Verpackungssteuern im Fokus. Der BDV berichtete über den intensiven Dialog mit bereits 56 Städten und Landkreisen, die zurzeit Maßnahmen prüfen oder umsetzen.
Ein zentrales Ergebnis:
In vielen Gesprächen stießen BDV-Vertreter auf ein grundsätzliches Verständnis für die Besonderheiten der betrieblichen Verpflegung – im Unterschied zur klassischen To-Go-Versorgung im öffentlichen Raum.
Beispiel Konstanz: Dort wurde offen kommuniziert, dass die Verpackungssteuer nicht primär auf Littering, sondern auf Ressourcenschonung und Mehrwegförderung zielt. Nachdem der BDV konkrete Sicherheits- und Arbeitsschutzbedenken im industriellen Kontext aufzeigte (z. B. durch mögliche Verletzungsrisiken bei Mehrweggebrauch), sicherte die Stadt zu, diese Aspekte künftig in den Auslegungshinweisen zu berücksichtigen – insbesondere durch eine Gleichstellung mit privaten Haushalten, in denen Konsumenten selbst entscheiden, ob sie Einweg nutzen.
Tendenz kleinerer Kommunen: Viele orientieren sich stark an der Tübinger Satzung, die nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts als „rechtssicher“ gilt. Anpassungen erfolgen meist nicht über neue Satzungstexte, sondern über erläuternde Hinweise, um rechtliche Risiken zu vermeiden.
Großstädte wie Köln und Bonn hingegen entwickeln eigene Modelle, die auf lokale Gegebenheiten zugeschnitten sind und nicht 1:1 dem Tübinger Modell folgen.
Handlungsaufruf an Automatenbetreiber
Der BDV ruft alle Automatenbetreiber dazu auf, die bestehenden Instrumente und Hilfestellungen zu nutzen:
- Kommunen aktiv ansprechen
Nutzen Sie das BDV-Positionspapier als Argumentationsgrundlage im Gespräch mit Städten, in denen Sie operativ tätig sind. - Betriebsbesuche ermöglichen
Laden Sie Ratsmitglieder ein, Ihren Standort kennenzulernen – und zeigen Sie den Unterschied zur To-Go-Versorgung im öffentlichen Raum auf. - BDV-Unterstützung sichern
Der BDV sendet auf Wunsch flankierende Schreiben an Bürgermeister und Fraktionen, um Ihre Position zu stärken. - Öffentlichkeit einbinden
Binden Sie IHKs und lokale Medien in Ihre Kommunikation ein. Ein Musteranschreiben stellt der BDV zur Verfügung. - Individuelle Gesprächsbegleitung
Bei Bedarf unterstützen wir Sie aktiv in kommunalen Gesprächen – sowohl inhaltlich als auch strategisch. - Mehrweg prüfen und kommunizieren
Prüfen Sie geeignete Mehrwegalternativen für Ihre Standorte. Entwickeln Sie gemeinsam mit Kunden Lösungen für Mehrwegbecher oder Kundentassensysteme.
Themenschwerpunkt II: Impulsbeiträge der Mehrweganbieter
🔹 Flexcups – Thimo Eichler
Flexcups bietet automatenfähige Becher (180 & 300 ml), die mit Herstellern wie Gerhardt, Sielaff und Rheavendors erfolgreich getestet wurden. Die Rücknahme erfolgt entweder individuell durch den Endnutzer („Starterpaket“) oder über professionelle Reinigungspartner („Alles-drin-Paket“). Die Becher sind spülmaschinenfest, 100 % recycelbar und „Made in Germany“. Eigentumsverhältnisse sind flexibel gestaltbar.
🔹 Logi4Cup – Klaus Rudolph
Das System kombiniert individuelle Becherproduktion, Pfandsysteme und eigene Ausgabetechnik mit hoher Effizienz. Die Becher (max. 300 ml) sind stapelbar (12 mm Abstand), 35 Becher bei 50cm Röhrenlänge. EAN/QR-Code Bedruckung auf Wunsch. HACCP-konform und optisch ansprechend. Der Betreiber kauft den Erstbestand, Preis zwischen € 0,50 – 0,60, refinanziert sich über die Pfandkette und bleibt wirtschaftlich flexibel. Frei kalkulierbarer Pfandbetrag Besonders hervorzuheben: kein Pfandbetrug, keine Becherausgleichsprozesse, hohe Automatisierung und Nachhaltigkeit. Spülen im eigenen Unternehmen ist die wirtschaftlichste Lösung, ~8 Cent/Becher. Großunternehmen bieten sogar an, vor Ort einen geeigneten Raum für Spülleistungen bereitzustellen. Alternativ nutzen im Markt befindlicher Spüldienstleister. Kosten pro Becher ~ 10 Cent zzgl. Logistik.
🔹 CupConcept – Susanne Held
CupConcept bietet in einem geschlossenen Rücknahmesystem 180 ml-Becher, die Automaten-kompatibel sind. Die Kapazität liegt bei ca. 62 Bechern pro Röhre. Der Anbieter stellt individuelle Druckverfahren zur Verfügung (u. a. IML, Tampon, Digital), bedient verschiedene Eigentumsmodelle (Kauf, Miete) und ist in ganz Deutschland mit eigener Spüllogistik aktiv. Besonders für Kunden mit Kantinenstrukturen ist die Wiederverwertung im eigenen Haus möglich.
🔹 FairCup – Sibylle Meyer
FairCup bietet ein etabliertes Pfandsystem mit normalen (0,1 – 0,5 Liter und Mehrwegdeckel) als Trink- oder Verpackungsbecher sowie einen vendingfähigen Bechern für drei Größen (0,2 l / 0,25 l / 0,3 l), die formstabil, stapelbar, hitzebeständig, lebensmittelecht, geruchneutral, mikrowelltauglich und bis zu 1.000-mal wiederverwendbar sind. Die Rückgabe ist deutschlandweit (Automat (Zertifikate für Sielaff, Tomra und RE Deposit, Theke, Sammelstation) möglich – u. a. über LEH-Partner wie Kaufland und bereits einige EDEKA und RREWE-Märkte –, ergänzt durch eigene und regionale Spüldienste. Eine App-gestützte Pfandabwicklung ist optional. Der Becher ist BPA-frei, recycelbar und Design-geschützt. Ausgezeichnet wurde das System mit mehreren Umwelt- und Innovationspreisen, darunter auch das Umweltsiegel Blauen Engel. 2024 FairCup mit seiner Produkt Serie von ÖKOTEST mit sehr gut ausgezeichnet. Es wird nach dem HACCP-Konzept gearbeitet und gespült.
🔹 RECUP – Alexandra Berendes
RECUP betreibt das größte Mehrwegsystem Deutschlands und ist durch seine hohe Markenbekanntheit bereits für viele Nutzer ein Synonym für Mehrwegbecher. Die Becher bestehen aus 100 % recycelbarem Monomaterial, sind BPA-frei, lebensmittelecht und Blauer Engel-zertifiziert (B Corp in Vorbereitung). Partner nutzen das System über monatliche Nutzungsbeiträge, der Becher selbst wird als Pfandobjekt gemietet. RECUP punktet mit skalierbarer Infrastruktur und hoher Akzeptanz im LEH, der Gastronomie und zunehmend auch im Betriebsverpflegungsbereich.
🔹 Cup&More – Michael Andresen
CupMore versteht sich als Anbieter eines ganzheitlichen Mehrweg-Ökosystems für Automaten: von Bechern (180–400 ml) über klassische oder digitale Pfandsysteme, Rückgabeoptionen (Automat, Theke, Sammelstation), patentierte Spülsysteme bis zu IT-gestütztem Controlling. Etwa 60 Becher passen pro Automatenröhre. Alle Geschäftsmodelle (Kauf, Miete, Leasing) sind möglich, ebenso zentrale oder betriebsinterne Spülung. Das System ist HACCP-geprüft, mit dem Blauen Engel zertifiziert und eignet sich auch für Pilotprojekte in Kommunen und Unternehmen.
Hier geht es zur kompakten Übersicht: Mehrwegsysteme im Vergleich
Fazit der Sitzung
Die Sitzung machte deutlich: Mehrweg ist möglich – auch im Automatenbereich. Die vorgestellten Systeme bieten technisch kompatible und ökologisch sinnvolle Ansätze, die sich in bestimmten Einsatzfeldern realisieren lassen. Dabei wurde aber auch klar: Jedes Konzept muss individuell durchdacht und betriebswirtschaftlich kalkuliert werden.
Die Rücknahme- und Spüllogistik stellt eine eigenständige Dienstleistung dar, die separat organisiert und finanziert werden muss. Diese Kosten müssen berücksichtigt und transparent kommuniziert werden – gegenüber Kunden und Auftraggebern.
Der BDV wird den Austausch zu diesem Thema kontinuierlich weiterführen und dabei auch die Erfahrungen aus der Praxis seiner Mitglieder aktiv einbeziehen.
Deshalb wird das Thema „Mehrweg im Vending – Lösungen & Herausforderungen“ ein zentrales Thema des kommenden BDV-Frühjahrskongresses am 9. Mai 2025 in Dietzenbach sein.
Hier anmelden: https://www.bdv-vending.de/fruehjahrskongress-2025/